Bedingt durch die Mechanismen der globalen Wirtschaft und des Modernisierungsprozesses verändern sich chinesische Städte in nur kurzer Zeit. Als Folge der rasanten Urbanisierung wird alte und historische Infrastruktur zerstört, und es entsteht eine Vielzahl von neuen Städten, die für eine Millionen Bevölkerung erbaut, aber von kaum jemanden bewohnt werden. Mit den chinesischen Geisterstädten befasst sich die künstlerisch-wissenschaftliche Recherche von Ella Raidel und forscht nach der entscheidenden Frage, wie die Effekte der Gewinnmaximierung des Kapitals unsere Lebensbedingungen beeinflussen. Durch das Forschungsprojekt soll Bewusstsein geschaffen werden für die ungleiche Verteilung und Zirkulation von globalem kulturellem und sozialem Kapital. Die neuen, chinesischen Geisterstädte sind ein markantes Beispiel für das Paradox in unserer Gegenwart: eine unaufhaltsame Urbanisierung, die in ihrer Entstehung bereits unweigerlich auf ihr exzessives Ende hinweist. Eine Stadt, deren Ziel und Zweck allein in ihrer Erbauung liegt, ist mit ihrer Fertigstellung am Ende. Die neuen Geisterstädte sind Heterotopien im Foucault’schen Sinne, Orte der Differenz, in denen sich kollektive Fantasie und Träume als nicht-existent in Leere, Erschöpfung und Ruinen manifestieren, und bald in Vergessenheit geraten. Die künstlerisch-wissenschaftlichen Recherche erforscht die Komplexität der Gegenwart, die vom globalen kulturellen und wirtschaftlichen Austausch geprägt ist. Als Methode bedient sich die Forschung des poetischen Essay Films, der mit neuen Formen der Erzählung experimentiert und damit auch Kritik an normativen Darstellungen übt. Um von der paradoxen Logik dieser verlorenen Räume erzählen zu können, braucht es eine eigene filmische Sprache und Art der Erzählung, die zu diesem Zweck Stil- und Genreübergreifend angelegt sein wird. Neben dokumentarischen, erzählerischen Mitteln kommt vor allem die Sprache des Performativen zum Tragen, um die Logik dieser Hyper-Urbanisierung verfolgen und freilegen zu können. Mittels einer Kombination aus Schauspiel, Reenactment und vorgefundenem Bildmaterial werden sowohl reale als auch fiktive erzählerische Elemente herangezogen. Die Einzigartigkeit der Recherche besteht darin, durch die Anwendung von Kunst und Wissen einen diskursiven Raum zu ermöglichen, in dem Recherche, Analyse, Methode, Gedanken und Referenzen zusammenfließen und zu einer Erzählung gewebt werden, die zwischen Dokumentation und Fiktion wechselt, um zu verbinden, was üblicherweise in der empirischen Welt nicht sichtbar wäre.
Datum | 1. 4. 2016 - 31. 3. 2019 |
Länderkürzel | AT |
Name der begünstigten Einrichtung | Kunstuniversität Linz |
Projektleitung | Institut für bildende Kunst und Kulturwissenschaften |
Verknüpfung | www.hauntedspaces.net |
Förderrahmen & Förderprogramm | Wissenschaftsfond FWF, Programm zur Entwicklung und Erschließung der Künste (PEEK) |