Interview mit dem Projektkonsortialführer Prof. Dr. Tomas Sauer, Leiter des Instituts FORWISS an der Universität Passau
Sehr geehrter Herr Professor Sauer,
könnten Sie uns bitte einen kurzen Überblick über das Projekt KIMoNo geben und die Ziele des Projekts erläutern?
KIMoNo steht ursprünglich für "KI zur Mobilitätsoptimierung in nonurbanen Regionen" und befasst sich damit, wie man die Mobilität außerhalb der Städte und Ballungszentren durch den Einsatz künstlicher Intelligenz verbessern kann. Dabei geht es nicht nur um die Personenmobilität, sondern auch um die sichere und effiziente Mobilität von Gütern, also Logistik, und das koordinierte Zusammenspiel verschiedener Verkehrsmittel. Diese Verkehrsmittel dürfen gerne auch neuartig und innovativ sein. Zuletzt haben wir uns beispielsweise damit befasst, wie man Drohnen in den Transport medizinischer Proben vom Arzt zum Labor integrieren kann, insbesondere in Notfallsituationen.
Was war die Motivation hinter der Initiierung von KIMoNo? Welche spezifischen Herausforderungen in ländlichen Regionen möchten Sie mit diesem Projekt angehen?
Die ländlichen oder besser nonurbanen Regionen haben ein sehr eigenes Mobilitätsumfeld, das sich von dem großen Städte massiv unterscheidet: der öffentliche Nahverkehr und auch das Straßensystem sind oftmals weniger ausgebaut, der Zeitbedarf für viele Strecken ist deutlich höher. Die reine Fahrtstrecke von Passau nach Regensburg oder Budweis ist ungefähr gleich lang, die Fahrtzeiten unterscheiden sich aber stark und von öffentlichen Verkehrsmitteln (Bahn) will ich gar nicht reden. Da auch nicht zu erwarten ist, daß die Verkehrsnetze in unserer Region massiv ausgebaut werden, muss man die vorhandenen Mögichkeiten intelligent und flexibel nutzen, und da hilft KI, die an jede der Herausforderungen aber speziell angepasst werden muss. Das sind dann die konkreten Forschungsfragen, mit denen wir uns beschäftigen.
Welche KI-Technologien und -Ansätze werden im Rahmen von KIMoNo eingesetzt? Können Sie einige Beispiele für die eingesetzten Lösungen zur Mobilitätsoptimierung geben?
KI ist recht gut darin, aus Kenntnis der Vergangenheit für normale Situationen Dinge vorherzusagen. So haben wir beispielsweise eine KI trainiert, die sagt, wie lange es an einem bestimmten Tag und zu einer bestimmten Uhrzeit dauern wird, bis eine Blutprobe im Labor ist. Damit kann man dann entscheiden, ob es sinnvoll ist, auf andere Verkehrsmittel, eine Sonderfahrt oder die Drohne zurückzugreifen. Natürlich stimmt das nicht, wenn an diesem Tag gerade starke Schneefälle sind, Straßen gesperrt oder generell Verkehrswege unbenutzbar sind. Mittels der Vorhersagen können dann Optimierungsmethoden die bestmögliche Art herausfinden, die Probe rechtzeitig und effizient an ihr Ziel zu bringen.
Wer sind die Hauptakteure und Partner in diesem Projekt?
Da ist natürlich zuerst einmal die Universität Passau mit drei Lehrstühlen, die sich mit digitaler Kommunikation, KI und Optimierung beschäftigen und diese einzelnen Aspekte miteinander vernetzen, das MVZ Labor Passau als medizinisches Labor, die Kinderklinik als Vernetzungspartner zu niedergelassenen Kinderärzten, die THD, die sich mit Drohnenkommunikation befasste und Quantum Systems, von denen die Drohne stammt und geflogen wurde.
Können Sie einige der bisherigen Erfolge und Meilensteine des Projekts KIMoNo hervorheben? Was waren die bedeutendsten Errungenschaften bisher?
Der Höhepunkt war natürlich der eine Drohnenflug, den wir durchführen konnten und die wichtigste Erkenntnis, daß sich regulatorisch noch recht viel ändern muss, um Drohnen als Transportmittel einzusetzen. Ein Nutzen wäre da, das kann man simulatorisch sehr schön nachweisen, aber eine Planungsdauer von mehr als einem Jahr für die Genehmigung eines Flugs von 20km zeigt recht deutlich, daß hier noch Beschleunigungspotential besteht. Aber natürlich sind die Vorgaben auch nicht willkürlich, denn niemand möchte, daß eine Drohne auf sein Haus fällt.
Inwiefern glauben Sie, dass die im Projekt KIMoNo entwickelten Ansätze und Lösungen auf andere ländliche Regionen übertragbar sind?
Die Mobilitätsstrukturen in vielen ländlichen Regionen sind sehr ähnlich, so daß einige Lösungen recht gut übertragbar sein sollten. Das macht tatsächlich Projekte in unserer Region immer wieder interessant für Fördergeber oder potentielle Partner, denn wir befassen uns mit Randbedingungen, die in Großstädten komplett anders sind. Und damit erzeugen wir auch anders strukturiertes Datenmaterial, was wiederum für KI-Anwendungen interessant ist.
Wie wird das Projekt finanziert und welche Unterstützung haben Sie erhalten, um KIMoNo zu realisieren?
Das Projekt wurde vom BMVI/BMDV finanziert und die wichtigste Unterstützung war der Einsatz und das Engagement aller Partner, die weit über das hinausging, was gefördert und finanziert wurde. Nur so kann man am Ende etwas erreichen.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit Ihrem Projekt!
Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier: https://www.uni-passau.de/kimono
Foto 1: v.l. Nadine Huke (Bundesministerium für Digitales und Verkehr), Stefan Kunze (TH Deggendorf), Pierre Ulfig (Quantum Systems), Bundestagsabgeordneter Johannes Schätzl, Präsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch, Prof. Dr. Tomas Sauer, Vizepräsident Prof. Dr. Harald Kosch (alle Universität Passau), Dr. Clemens Engelschalk (MVZ Labor Passau) und Prof. Dr. Alena Otto (Universität Passau); Foto: Universität Passau
Foto 2: Mitarbeiter auf dem Weg zur Drohne. Foto: Universität Passau