29. 11. 2024
Hochschulen

Interview mit der Projektkoordinatorin Astrid Heindel, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Landshut

Sehr geehrte Frau Heindel,

was ist das Hauptziel des Projekts Danube Indeet, und welche Herausforderungen adressiert es im Donauraum?

In Danube Indeet entwickeln wir ein Konzept für ein integriertes Energiesystem, das elektrische Mobilität, Wasserstoffnutzung und Produktion von erneuerbarem Strom zusammenbringt. Dadurch wollen wir die Energiewende im Donauraum unterstützen und den Ausbau von erneuerbaren Energiequellen finanziell tragbar machen.


Wie kam es zur Idee für dieses Projekt, und wer sind die Hauptakteure? Welche Länder und Institutionen sind an Danube Indeet beteiligt, und wie funktioniert die Zusammenarbeit im Donauraum?

Am Technologiezentrum Energie der Hochschule Landshut beschäftigen wir uns mit verschiedenen Energiespeicher- und Energiekonversionstechnologien, darunter Batterien und grüne Gase wie Wasserstoff. Gleichzeitig haben wir einen Fokus auf elektrischer Mobilität. Für die Projektidee hat das TZE also verschiedene Kompetenzen gebündelt, denn wir sind der Überzeugung, dass eine nachhaltige Energiewende nur dann gelingen kann, wenn wir verschiedene Technologien komplementär zueinander betrachten. Außerdem hatten wir im Projekt DanuP-2-Gas, einem Vorgängerprojekt im Donauraum, ein Optimierungstool entwickelt. Dieser Ansatz ließ sich hervorragend in das neue Konzept integrieren. Wir planten quasi, das DanuP-2-Gas-Tool in Danube Indeet weiterzuentwickeln. So konnten wir sicherstellen, dass wir auf bereits vorhandener Arbeit aufbauen konnten.


Nach der Entwicklung eines ersten Konzepts – Erhöhung der Energieeffizienz durch E-Autos als mobile Speicher und Umwandlung von großen Mengen an Überschussstrom in Wasserstoff – stellten wir die Idee potentiellen Partnern vor.


Wir arbeiten mit elf Partnern aus Österreich, Slowakei, Rumänien, Serbien, Tschechien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro sowie Ungarn zusammen. In Danube Indeet war es uns besonders wichtig, die Pilotgemeinden unmittelbar an Bord zu haben. Deshalb sind der Markt Ruhstorf in Bayern, der Städteverbund AIDA in Rumänien und die Gemeinde Ulcinj in Montenegro als volle Partner am Projekt beteiligt. Weitere drei Pilotgemeinden sind als assoziierte Partner eingebunden.


Die Zusammenarbeit verläuft bisher sehr harmonisch. Das Projekt startete mit einem Kick-Off im März, bei welchem sich die Partner persönlich kennenlernen konnten. Über regelmäßige Meetings wird sichergestellt, dass alle Partner auf dem gleichen Stand sind. Darüber hinaus organisieren die Task-Leader regelmäßig Meetings und Workshops, um gemeinsam das Erreichen der Projektziele sicherzustellen.


Welche spezifischen Maßnahmen und Aktivitäten werden im Rahmen des Projekts umgesetzt?

Wir entwickeln ein Optimierungstool, das Städte, Gemeinden, Energieagenturen und andere Nutzer dabei unterstützen soll, Energiehubs entsprechend ihrer konkreten Standortbedingungen zu planen. Der Markt Ruhstorf an der Rott ist eine von sechs Pilotgemeinden. Wir sammeln Daten zu Elektromobilität, also Anzahl an elektrischen Fahrzeugen, Ladestationen, Ladeleistungen usw., sowie zur Produktion oder zum Potential von erneuerbaren Energien. Außerdem ermitteln wir den ungefähren lokalen Wasserstoffbedarf und das Potential, aus Überschussenergie grünen Wasserstoff herzustellen.


Diese Daten werden genutzt, um das Optimierungstool zu füttern. Dieses berechnet dann für einen bestimmten Standort, zum Beispiel den Markt Ruhstorf, welche technische Konstellation ökonomisch sinnvoll ist. Sollten wir vor dem Rathaus eine bidirektionale Ladesäule installieren? Reichen der erzeugte grüne Strom und die Nachfrage nach Wasserstoff, um einen Elektrolyseur wirtschaftlich betreiben zu können?


Investitionsgelder haben wir in unserem Projektbudget nicht. Dennoch ist das Ziel, mithilfe der ökonomischen Analyse durch das Optimierungstool und die Entwicklung von Geschäftsmodellen eine Grundlage für Investitionen zu schaffen. Dabei setzen wir sowohl auf Zusammenarbeit mit der Industrie, als auch auf öffentliche Gelder sowie Optionen für Bürgerbeteiligungen, zum Beispiel in genossenschaftlichen Konstrukten oder durch Crowdinvesting.


Um die Menschen vor Ort mit an Bord zu holen, ist ein Verständnis von Akzeptanz in der Bevölkerung und der Faktoren, welche das Akzeptanzlevel beeinflussen, essenziell. Daher führen wir auch hier Studien durch, um zu verstehen, was Menschen in den verschiedenen südosteuropäischen Ländern dazu bewegt, die genannten Technologien zu unterstützen und idealerweise selbst als E-Fahrzeugbesitzer oder Investoren Teil der Bewegung zu werden, oder was sie daran hindert.


Ein weiterer Baustein ist die Analyse der Rechtslage in den teilnehmenden Ländern. Bidirektionales Laden ist häufig nicht eindeutig in den Gesetzen verankert. Ist es überhaupt erlaubt? Wer darf bidirektionale Ladesäulen betreiben? Wie können Vergütungssysteme von E-Fahrzeugbesitzern aussehen, wenn sie ihre Fahrzeugbatterien für Netzstabilität zur Verfügung stellen? Ähnlich sieht es zum Teil mit (grünem) Wasserstoff aus. Oft ist nicht klar, ob Elektrolyseure als Stromspeicher oder andere Technologien klassifiziert werden. Diese Unklarheiten möchten wir analysieren und anschließend Empfehlungen für die Politik zur Verbesserung der Gesetzeslage ausarbeiten.


Wie trägt das Projekt zur nachhaltigen Entwicklung und zum Umweltschutz im Donauraum bei?
Im Idealfall stoßen wir Investitionen in elektrische Mobilität und in die Erzeugung von grünem Wasserstoff an. Diese zusätzlichen Speicher- und Konversionsmöglichkeiten von grünem Strom bilden dann wiederum die Grundlage für einen stärkeren Ausbau von erneuerbaren Energieanlagen, ohne das Netz zu belasten. So tragen wir etwas zur nachhaltigen Verkehrswende bei. Mit grünem Wasserstoff können zum Beispiel Industriebetriebe, die auf Wasserstoff angewiesen sind, dekarbonisiert werden.


Welche innovativen Ansätze oder Technologien kommen im Projekt Danube Indeet zum Einsatz?

Bidirektionales Laden und die Integration von E-Fahrzeugen als mobile Stromspeicher sind Technologien, die bereits funktionieren, aber noch nicht weitläufig ausgerollt sind. Das liegt an unterschiedlichen Faktoren, unter anderem rechtlichen Unklarheiten. Ein gesamtheitliches Konzept zu entwickeln, das den Energie- und den Verkehrssektor koppelt, ist in dieser Form neu. Auch das Optimierungstool, welches die regionale Energieplanung basierend auf einem solchen ganzheitlichen Ansatzes unterstützt, wird in dieser Form erstmals in Danube Indeet entwickelt. Hierbei setzten wir übrigens darauf, eine möglichst einfache Handhabe und Nutzeroberfläche zu garantieren, damit die Hauptzielgruppen – Gemeinden, Städte, Energieagenturen – auch tatsächlich in die Lage versetzt werden, das Tool zu nutzen.


Welche Rolle spielen Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen in diesem Projekt?

Hochschulen und Universitäten entwickeln federführend das Konzept, das Elektromobilität und Energiesektor zusammenbringt. Die Universität Zagreb programmiert das dazugehörige Tool. Die Forscherinnen und Forscher im Projekt sind aber auch dafür zuständig, alle Aktivitäten wissenschaftlich zu begleiten. Dazu gehört die Aufarbeitung des Optimierungstools in Form einer wissenschaftlichen Publikation, aber auch die Analyse von Akzeptanzniveaus durch qualitative und quantitative Befragungen oder die Bewertung der rechtlichen Rahmenbedingungen inklusive Entwicklung von Empfehlungen für die Politik. Die Zusammenarbeit mit den Projektpartnern aus dem öffentlichen und zivilen Sektor ist aber essenziell, um gute Projektergebnisse zu erzielen, die auch in der Praxis wirken und nicht nur für die Wissenschaft interessant sind.


Welche Ergebnisse wurden bisher durch das Projekt erzielt, und wie werden diese gemessen?

Das Projekt hat im Januar 2024 begonnen. Daher sind bisher vor allem die Grundlagen für alle weiteren Aktivitäten geschaffen worden. Die Universität Zagreb hat beispielsweise bereits ein Konzept für das Optimierungstool vorgelegt, welches in Form eines Konzeptpapiers mit den Projektpartnern und Stakeholdern geteilt wurde. Weitere Ergebnisse sind im Laufe des Jahres 2025 und vor allem in der ersten Jahreshälfte 2026 zu erwarten, wenn das Projekt näher am Abschluss steht.


Wie profitieren die lokalen Gemeinschaften und Partnerländer vom Projekt?

Im Idealfall erhalten die sechs Pilotgemeinden eine Art Energieberatung, bei der wir innerhalb des Projekts dabei unterstützen, den Ausbau der Infrastruktur optimal zu planen. Die lokale Bevölkerung soll durch sozial tragfähige Geschäftsmodelle auch finanziell von der Energie- und Verkehrswende profitieren. Städten und Gemeinden, die nicht direkt Teil des Projekts sind, werden das Optimierungstool und Ergebnisse aus den verschiedenen Analysen zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig können sie auf die Erfahrungen der Danube Indeet-Pilotgemeinden aufbauen.


In den Partnerländern erhoffen wir uns einen stärkeren Ausbau von erneuerbaren Energieanlagen sowie einem Aufschwung der Elektromobilität.


Welche langfristigen Auswirkungen erhofft ihr euch vom Projekt, insbesondere für den Donauraum?

Langfristig ist das Ziel, die Energie- und Verkehrswende durch intelligente Verknüpfung der beiden Sektoren voranzutreiben und so einen Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten.

 

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit Ihrem Projekt!

 

Kontakt:

Astrid Heindel

wissenschaftliche Mitarbeiterin | Projekt Danube Indeet

Hochschule Landshut I University of Applied Sciences

Technologiezentrum Energie
Wiesenweg 1, 94099 Ruhstorf an der Rott
Tel. +49 (0) 8531 - 91404468

Astrid.Heindel@haw-landshut.de
www.technologiezentrum-energie.de


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