
Der Tagungsort war nicht zufällig ausgewählt: Für ihr Quartalstreffen kamen gestern bayerische und tschechische Polizisten erstmals im Europahaus in Freyung zusammen.
Denn das Haus habe eine ähnliche Ausrichtung wie die Arbeit der Beamten, wie Erster Polizeihauptkommissar Markus Leitl sagte: Auch hier gehe es um grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Wenn auch eher mit dem Schwerpunkt der Förderung grenzüberschreitender Projekte und freilich nicht der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Letzteres ist die Hauptaufgabe der Polizisten, die gestern in Freyung zusammengekommen waren.
Einmal im Quartal besprechen sie Neuerungen, anstehende gemeinsame Einsätze, die aktuelle Lage an und entlang der deutsch-tschechischen Grenze.
So war auch die Runde gestern wieder hochkarätig besetzt: Anwesend waren die Leiter und weitere Vertreter der Bundespolizeiinspektionen Waidhaus, Waldmünchen und Passau, ein Verbindungsbeamter der Bundespolizei in Prag sowie Vertreter der Bezirksdirektionen der Polizei in Pilsen und Budweis. Die Fäden zusammen laufen im gemeinsamen Zentrum der bayerisch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Petrovice-Schwandorf – der deutsche Koordinator Reinhard Roßbach war gestern ebenso anwesend. In dem Zentrum gibt es insgesamt rund 100 Mitarbeiter. Möglich macht die deutsch-tschechische Zusammenarbeit ein Polizeikooperationsvertrag zwischen den beiden Ländern, der 2016 in Kraft getreten ist.
Wie Roßbach erklärte, werden in dem seit zehn Jahren bestehenden Zentrum grenzüberschreitende Einsätze koordiniert (beispielsweise gemeinsame Streifen- und Kontrollfahrten) beziehungsweise Anfragen zur gemeinsamen Kriminalitätsbekämpfung bearbeitet. Vorteil: Mitarbeiter auf deutscher Seite sprechen Tschechisch, meist würden auch die tschechischen Kollegen Deutsch sprechen, sodass man sich innerhalb kürzester Zeit absprechen könne. Auch eine gegenseitige Nutzung von Datenbanken erleichtere die Ermittlung, so Markus Leitl, Kontingentleiter Bundespolizei beim Gemeinsamen Zentrum. Durch die gemeinsame Arbeit habe man in den vergangenen Monaten beispielsweise mehrere Fälle von illegaler Migration aufdecken können.
Kvetuse Kondrysova (Leiterin des Fachbereichs Ausländerpolizei bei der Bezirksdirektion der Polizei in Pilsen) schilderte auf PNP-Nachfrage einen konkreten Fall, wie sich die bayerisch-tschechische Zusammenarbeit gestalte: So habe man im Februar Schleuser festsetzen können, die mit Lkw Iraker nach Deutschland bringen wollten. Man sei der Schleuserbande bereits länger auf den Schlichen gewesen. Durch intensiven Austausch zwischen den bayerischen und tschechischen Kollegen – etwa über Autokennzeichen, Fahrtrouten – habe man die Schleuser dingfest machen können.
Gemeinsame Streifenfahrten würden mal auf tschechischer, mal auf bayerischer Seite stattfinden. Auch die sogenannte "Nacheile" spiele eine große Rolle, also wenn beispielsweise ein offenbar gestohlenes Auto oder ein Tatverdächtiger bereits über die Grenze hinweg unterwegs ist und die hiesigen Beamten zur Verfolgung ebenfalls ins Ausland eilen müssen. Hierzu seien die Beamten befugt und müssen ihre Ermittlungen nicht an der Landesgrenze einstellen. "Wir dürfen nach Rücksprache mit den tschechischen Kollegen bewaffnet und mit Blaulicht ins Nachbarland fahren und dort handeln", so Zentrums-Koordinator Roßbach. Das sei eine enorme Errungenschaft im Vergleich zu früher.
Auch die Aufdeckung der Drogenkriminalität spiele eine große Rolle in der täglichen Arbeit des Gemeinsamen Zentrums. Wie Stephan Schrottenbaum, Leiter der Bundespolizeiinspektion Passau, erklärte, gehe es dabei längst nicht mehr nur um Drogeneinkäufe auf den sogenannten Vietnamesenmärkten. Mittlerweile finde der Drogenverkauf stark verschleiert statt. Der potenzielle Kunde in Tschechien erhalte etwa eine Telefonnummer, man wird zu einem Treffpunkt gelotst, dort gibt es wieder einen Informanten, bis man schließlich das Rauschgift erhält. Auch der Verkauf über das Darknet mit der postalischen Zusendung der Drogen spiele eine immer größere Rolle, auf die die Einsatzkräfte entsprechend ermittlungstaktisch reagieren würden. Ebenso habe man verstärkt Ausweichrouten im Auge, die Drogenfahrer oder Schleuser nutzen, in der Hoffnung, dort nicht kontrolliert zu werden.
Inwiefern man künftig mit der neuen Grenzpolizeigruppe in Freyung zusammenarbeitet, werde derzeit noch koordiniert. Aktuell spreche man sich bereits über anstehende Aktionen ab.
Landrat und Euregio-Vorsitzender Sebastian Gruber hatte den Polizisten während ihrer Tagung kurz den Landkreis vorgestellt und erwähnt, dass Freyung-Grafenau einer der sichersten Landkreise Bayerns ist. "Und das ist auch Ihnen zu verdanken." Hausherr Euregio-Geschäftsführer Kaspar Sammer freute sich über den hohen Besuch in "seiner" Einrichtung. Organisiert hatte den Tag Barbara Daferner (Europaregion Donau-Moldau). Sammer führte die Gruppe durchs Gebäude, erklärte die Strukturen der Einrichtung und deren grenzüberschreitendes Wirken und regte an, dass sich das Gemeinsame Polizei-Zentrum doch einmal öffentlich in der Region vorstellen könnte – "hier wird so gute Zusammenarbeit geleistet, das sollte man der Bevölkerung doch auch einmal zeigen".
Text: PNP Freyung/Jennifer Jahns